Der Wagram

GEOLOGIE UM DEN WAGRAM

 

 

Der Wagram: Der Wagram des Tullner Beckens ist eine bis 15 m mächtige Geländestufe zwischen Engabrunn und Stockerau, die durch Tiefen- und Seitenerosion einer hochwasserführenden Donau im Eiszeitalter (ca. 170.000 – 10.000 v. Chr., Riss-Würm-Warmzeit, Wärmeperioden in der Würm-Eiszeit) entstanden ist. Die Eintiefung erfolgte in mindestens zwei Phasen, wobei der harte kristalline „Urgesteins-Wagram“ bei Feuersbrunn als Leitlinie gelten darf. Der Begriff „Wagram“, der auch im Traisental und im Marchfeld Verwendung findet, leitet sich vom mittelhochdeutschen „wac“ („bewegtes Wasser, Fluss“) und „rain“ („Rain“, „Hang“) ab und wird treffend als „Steilhang am Fluss“ gedeutet. Die romantische Interpretation des Begriffes als „Wogenrand“ führte dann wohl zur falschen Vorstellung vom Wagram als „Meeresufer“.

 

 

Das Urmeer: Ca. 25 -10 Mio. Jahre vor heute (v. h.) bestand in der geologischen Abteilung „Miozän“ des geologischen Zeitalters „Tertiär“ (ca. 70 -1,7 Mio. v. h.) zwischen dem ca. 250 Mio. Jahre alten kristallinen Gebirgsrumpf des Waldviertels und dem damals noch jungen Gebirgskörper der Alpen (Haupthebungsphase 40-25 Mio. v. h. aus dem Ur-Ozean der „Tethys“) ein verbliebener Meeresarm, der als „Paratethys“ oder „Molasse-Meer“ bezeichnet wird. Dessen Meeresufer in etwa 400 m Höhe lässt sich am „Maissauer Berg“ durch Funde von Haifischzähnen und Meeresmuscheln nachweisen. Im Laufe von Jahrmillionen haben sich in diesem Meer hunderte Meter mächtige weiche Schlammschichten abgelagert, die als Molasse („mollis“=„weich“) oder Tegel (vgl. lat. „tegula“ =„Ziegel“)  bezeichnet werden. Der Tegel bildet heute im Weinviertel und im Tullner Becken  die Basis für Schotter- oder Lössablagerungen. Um 10 Mio. v. h. ist infolge einer späten Hebung der Alpen dieses Meer im westlichen Weinviertel ausgetrocknet und hat eine Landoberfläche aus Tegel in einer Höhe von 350 bis 400 m Höhe hinterlassen.

 

 

Die Urdonau: Diese neue Landoberfläche wurde von ca. 10 – 5 Mio. v. h. (Unterabteilung „Pannon“ des „Miozän“) in von einem bis 15 km breiten Flusssystem (Flussarme, Inseln, Sümpfe) entwässert, das von Bayern über der Wachau, Krems und Hollabrunn in den Raum Mistelbach floss, wo es in das verbliebene Restmeer („Pannonische See“) im östlichen Weinviertel und im Wiener Becken mündete. Dieses Flusssystem in ca. 350-400 m Höhe wird als „Urdonau“ bezeichnet, die über 100 m tief war.

 

 

Der Urdonauschotter: In das Bett dieser „Urdonau“ wurde grobe Schotter, die oft zu massiven Kalkkonglomeraten verdichtet sind, und Sande abgelagert. Diese Sedimente werden als „Urdonauschotter“ oder auch „Hollabrunner Schotter“ bezeichnet. Sie bilden heute die Höhen der markanten Hügelkette von Krems über den Hengstberg, die Hochflächen von Großriedenthal und Großweikersdorf bis zum Ernstbrunner Wald. Als härteres Gestein haben diese Schotter der Erosion durch die Donau im Süden und einer „Urzaya“ im Norden standgehaltem, wogegen der randliche weiche Tegel abgetragen wurde. Auf dem Urdonauschotter sind v. a. Braunerden entstanden. Er gilt heute als sehr guter Weinbaustandort v. a. für die Sorten Roter und Frühroter Veltliner.

 

 

Von der Urdonau zur Donau: Zwischen ca. 5 und 1,7 Mill. Jahren vor heute ist die Urdonau durch Südverlagerung zur Donau geworden. Als Ursache dafür kann die „Coriolis-Kraft“ angesehen werden, wonach alle bewegten Körper auf der Nordhalbkugel der Erde nach Süden (nach rechts) drängen. Dabei hat sie (damals auch ein breites Flusssystem) ihr Flussbett durch Erosion im weichen Tegel bis auf eine Höhe von etwa 200 Metern zunehmend eingetieft, hat sich in das Tal der Wachau eingeschnitten, hat das breite Oval des Tullner Beckens in seiner Urform angelegt und hat auch seinen Weg durch die Wiener Pforte gefunden.

 

 

Das Eiszeitalter (Pleistozän): Von ca. 1,7  Mill. bis 10.000 v. Chr. andauernde erdgeschichtliche Formation des geologischen Zeitalters „Quartär“  (ca. 1,7 Mill. Vor heute bis heute), die durch eine weitgehend rhythmischen Wechsel von Kälteperioden (Eiszeiten, Glaziale) und Wärmeperioden (Zwischeneiszeiten, Interglaziale) gekennzeichnet ist. Als Ursachen für dieses Phänomen, das auf der gesamte Nordhalbkugel der Erde feststellbar ist, werden v. a. Schwankungen der Erdrotation um die Sonne und Verschiebungen der Magnetpole der Erde angenommen.

 

 

Die Eiszeiten (Glaziale): im Schnitt ca. 100.000 Jahre andauernde Kälteperioden, in denen die Durchschnittstemperatur etwa 6 Grad unter der heutigen lag. In den Alpen bildete sich unter polarem Klima ein mächtiger Eispanzer, dessen Gletscherzungen bis weit in das heutige Alpenvorland vorstießen. Rund um den Eispanzer herrschte subpolares Klima mit einer Kältesteppe (Tundra) und Frostverwitterung (Bildung von Schottern und Löss). Die wasserarmen Flüsse, wie auch die Donau, konnten die Schotter nicht weit transportieren und lagerten sie in den nahen Flusstälern bzw. Flussebenen ab. Aus den Tälern und Flussebenen der Kältesteppe wurde feines staubartiges (schluffiges) Material vom Wind erfasst und als Löss an den Hängen (so auch im Wagramland zwischen Schotterhügelland und Wagram) bis über 10 Metern Mächtigkeit abgelagert, wobei die Schotter vielfach überdeckt wurden. Der Löss besteht überwiegend aus Quarz (60-70%), dann aus Kalk (10-30%) und aus Tonerdesilikaten. Seine gelbliche Farbe erhält er durch Oxidation der weißlichen Quarzteilchen. Der Löss ist ungeschichtet und von unzähligen feinen Röhrchen durchzogen, wodurch er bis zu 40% des Jahresniederschlages speichern kann und gut durchlüftet wird. Durch seine kalkbedingte Festigkeit bricht er oft senkrecht ab (natürliche Lössschluchten) eignet sich aber sehr gut für die Anlage von Weinkellern und Unterständen. Da sich auf dem Löss fruchtbare Schwarzerden bilden, ist er ein hervorragender Standort für den Ackerbau und Weinbau, besonders für die Sorte Grüner Veltliner. Im süddeutschen und österreichischen Raum teilt man die Eiszeiten nach Flüssen im bayrischen Alpenvorland in Günz, Mindel, Riss und Würm ein.

 

 

Die Warmzeiten (Interglaziale): Wärmeprioden von unterschiedlicher Länge (15.000 bis 70.000 Jahre) mit warm-gemäßigten, ja subtropischen Klima. Der Eispanzer und die Gletscherzungen schmolzen weitgehend ab und aus der Kältesteppe wurde Wald- und Wiesenland, in denen sich Böden (Schwarz- und Braunerden) bildeten. Die Flüsse führten (besonders anfangs der Warmzeiten Hochwasser, schnitten sich in die Schotterfluren ein, wobei sie Geländestufen (wie den Wagram), Schotterterrassen und Täler bildeten. 

 

 

Das Zusammenwirken von Kalt- und Warmzeiten: Durch den Wechsel von Aufschotterung und Erosion sind ganze Schotterterrassentreppen vom Schotterhügelland bis zum Wagram entstanden, die aber alle von würmzeitlichen Löss bedeckt sind. Ein Aufschluss am Wagram bei Engelmannsbrunn zeigt sehr schön die „geologische Uhr“ des Eiszeitalters:  an der Basis liegen Donauschotter (vermutlich aus der Riss-Eiszeit), darüber eine Bodenbildung (Riss-Würm-Warmzeit,), darüber typischer Löss (aus der Würm-Eiszeit), der seinerseits wieder durch eine Bodenbildung (aus einem Wärmeperiode der Würm-Eiszeit) getrennt ist.  

 

 

Die Schotterfluren des „Feldes“: Unterhalb des Wagrams schließen ausgedehnte Schotterfluren an, die wahrscheinlich erst im Übergang von der Würm-Kaltzeit zur Nacheiszeit um 8.000 v. Chr. gebildet wurden, da die dort in einer Tiefe von 6 m am Haleberg bei Neustift im Felde von Prof. Ludwig Piffl 1968 aufgefundene fossile Hölzer (Kiefern) ein absolutes Alter von über 9.000 Jahren ergaben.

 

Zusammenfassung:                                                                                                                                                    1. Der Wagram ist von einer hochwasserführenden Donau am Ende des Eiszeitalters durch Tiefen- und Seitenerosion geschaffen. Seine Entstehung durch ein „Urmeer“ ist bloße Sage, da dieses schon vor 10 Millionen Jahren ausgetrocknet ist.                                                                         

 

2. Das Hügelland von Krems über Gösing am Wagram, Großriedenthal und Großweikersdorf bis Mistelbach verdankt seine Entstehung einer Urdonau, die dort vor 5-10 Millionen Jahren geflossen ist und mächtige Schotter (auf den Höhen) hinterlassen hat.  

                                                                                                   
3. Das Eiszeitalter hat im Wagramland vor allem den Löss (Windsediment aus der Würm-Eiszeit) hinterlassen, der für die Landwirtschaft und den Weinbau über immense Vorzüge verfügt.


Weinland Wagram

Östlich von Krems a.d. Donau erstreckt sich nördlich der Donau das Weinbaugebiet Wagram. Auf mächtigen nach Süden hin abfallenden Lößlagen können Grüne Veltliner, aber auch Sorten wie Frühroter und Roter Veltliner überzeugen. Eisweine runden die Palette ab.

 

Von der Weingartenlandschaft an den sanften weiten Hängen, über die Landschaft der schattigen Hohlwege im Löss mit ihrer spezifischen Fauna und Flora, bis zu den Kellergassen, wo die Presshäuser mit ihren weißen Giebeln aus den tiefen Hohlwegen aufblitzen und die in den Löss gegrabene Weinkeller noch weiter unter die Erde führen, gibt es Vieles zu entdecken, wenn man sich abseits der Hauptverkehrsadern bewegt.

 

Im Hinterland, dort wo der Wagram wirklich schön wird, verbinden beschauliche Landstraßen die Ortschaften und über die Kellergassen führen Flurwege hinaus in die Weinberge. Im Süden der Region bilden die Donauauen eine eigene Welt reich an einer vielfältigen Fauna und Flora vom Biber bis zum Seeadler, von den Schneeglöckchen über die Himmelschlüssel bis zur Gelben Teichrose.